Patrik wir warten auf Dich

Starkes Interview in der SZ
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Jan UllrichDas Kreuz mit der Wahrheit SZ: Wie sind Sie an den Zweitliga-Rennstall Whirlpool gekommen?

Sinkewitz: Sie hatten mich schon im Sommer mal angemailt - sie gehörten zu den wenigen, die sich bei mir gemeldet haben. Vor drei Wochen hat dann mein Freund Jörg Ludewig (früherer Radprofi) den André Schulze getroffen...

SZ: ... einen von bisher zwei deutschen Fahrern in diesem ansonsten rein tschechischen Team.

Sinkewitz: Genau, und dann ging das ganz kurzfristig: Ich war in Prag, habe mich mit dem Teammanager Vladimir Vavra getroffen - und drei Tage später war es fix. Ich sehe das jetzt als echte Chance an. Denn das ist ein Profiteam mit einer vernünftigen Struktur, sie überschätzen sich aber nicht und wollen langsam etwas aufbauen, denn der Sponsor ist eine recht große Firma. Sie werden uns zwar 2009 nicht für die Tour de France einladen, aber ich kann jetzt in einem professionellen Umfeld wieder gute Rennen fahren: das belgische Programm mit Rennen wie zum Beispiel Het Volk oder De Panne, Rennen in Italien und in Deutschland wie Rund um Köln, Hamburg und hoffentlich Frankfurt, wenn es dort weiter geht. Und das ist doch toll.

SZ: Die Situation des Radsports ist jedoch weniger grandios, sondern anhaltend desaströs: Der siebenmalige Tour-Sieger Lance Armstrong darf ohne Aufarbeitung seiner Vergangenheit zurückkehren, die Tour hat ihre resolute Linie aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, und Dopingfälle wie Stefan Schuhmacher oder Bernhard Kohl belegen: Sie kehren in einen Sumpf zurück. Wieso?

Sinkewitz: Es ist sicher viel zu wenig in die richtige Richtung getan worden, das ist klar. Die Missstände sind einfach noch sehr offensichtlich, und ich bin nicht sehr glücklich über viele Vorfälle und Entscheidungen im Radsport. Ich bin aber auch realistisch und weiß inzwischen, dass es die perfekte, die heile Welt im Radsport nirgendwo und niemals geben wird; wie das ja leider auch im sonstigen Leben der Fall ist. Ich merke aber, dass ich jetzt das Radfahren noch mehr liebe als vorher...

SZ: ... weil Sie es vermisst haben.

Sinkewitz: Das ist einfach so, und deshalb nehme ich diese unerfreulichen Dinge in Kauf. Mir ist bewusst, dass wohl weiterhin viel gelogen wird. Aber wenn ich vielleicht nächstes Jahr am 1. Mai in Frankfurt gut fahren will und es trotzdem nicht klappt, dann ärgere ich mich zwar, klar - aber ich werde dann nicht Tage trauern und daran denken, weshalb mich jemand am Berg abgehängt haben könnte. Denn es ist schlimmer, arbeitslos zu sein als sauber Rennen zu fahren und Zwölfter oder so zu werden.

SZ: Ihr Auftakt ist die Mallorca-Rundfahrt im Februar, dort starten auch die großen Teams. Haben Sie Angst vor deren Ablehnung, oder vor einer rasenden Abfahrt vom Puig Major, wenn vielleicht der Quick-Step-Wagen mit Manager Lefévère neben Ihnen auftaucht ... ?

Sinkewitz: Natürlich weiß ich, dass bestimmte Leuten nicht von meinem Erscheinen erfreut sind und nicht mehr mit meinem Comeback gerechnet haben - aber das interessiert mich nicht. Denn es gibt sicher auch Leute, die sich freuen, mich zu sehen. Ich muss mich jedenfalls vor niemandem verstecken. Das wird auch Herr Lefévère erkennen müssen.

SZ: Aber Sie haben sein Team, für das Sie lange fuhren, des systematischen Dopings beschuldigt. Und wie im Radsport derjenige gemobbt wird, der gegen den Geheimbund spricht, hat Lance Armstrong kürzlich Linus Gerdemann wissen lassen, als der Armstrongs Rückkehr kritisierte.

Sinkewitz: Mag sein, aber ich habe keine Angst - eher müssten sie Angst haben, dass ihre Vergangenheit noch einmal aufgerollt wird. Wenn mich jemand angehen würde, was ich nicht glaube, würde er sich doch selber verdächtig machen. Über meine Vergangenheit weiß jeder Bescheid, da kann mir keiner mehr was - und das ist mir inzwischen viel, viel wichtiger. Dass sie mich im Rennen vielleicht einmal bewusst bekämpfen werden, das kann schon sein. Aber das gab es auch schon vorher, denn geschenkt bekommst du im Radsport nichts.

SZ: Inwiefern hat ihr neues Team Ihre Haltung zum Doping interessiert?

Sinkewitz: Sie wollten schon wissen, ob ich hinter meinem Weg stehe. Und sie wissen natürlich auch in Tschechien genau, was in all den letzten Jahren in den anderen Profiteams gelaufen ist.

SZ: Gibt es bei Whirlpool ein Antidoping-Programm?

Sinkewitz: Noch nicht, das Team befindet sich noch im Aufbau, denn ihre Strategie sind junge Fahrer. Und es heißt da auch nicht: Erfolg um jeden Preis. Ich werde dort aber nicht nur Kapitän sein, sondern auch so etwas wie ein Vorbild mit meiner Geschichte. Und ich will mich dieser Rolle unbedingt stellen.

SZ: Trotzdem wird Ihnen nicht jeder vertrauen. Was wollen Sie tun, um Ihre Glaubwürdigkeit zu stärken?

Sinkewitz: Dass ich sauber fahre, weiß letztlich nur ich. Aber ich plane, meine Blutwerte und -bilder, die bei den Kontrollen der UCI (Radsport-Weltverband) für den neuen Blutpass genommen werden, künftig auf meine Internetseite zu stellen. Seit Oktober gab es drei Tests, und sobald wir das technisch hinbekommen, kann sich das jeder ansehen, inklusive meiner Kontrollnummer - damit alle sicher sein können, dass es mein Blut ist.

SZ: Das wäre ein Novum im Radsport. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass Ihnen Doping wieder begegnet. Und dann?

Sinkewitz: Ob das wirklich passiert, weiß ich nicht. Doch dieses Risiko, für eine bessere Platzierung die Glaubwürdigkeit und den Job zu verlieren - das steht für mich nicht mehr in einer Relation. Ich verstehe gerade jeden Opelaner, welche Ängste der jetzt hat. Nein, ich habe eine harte Zeit hinter mir, ich werde das nicht wieder aufs Spiel setzen. Niemals.

SZ: Sie haben demnach auch ihren Frieden gemacht mit der Kronzeugenregelung, an deren Sinn Sie ja doch lange gezweifelt haben werden?

Sinkewitz: Welche Erkenntnisse der Radsport aus meinen Aussagen als Kronzeuge zieht, liegt nicht in meiner Macht. Aber ich persönlich habe meine Schlüsse gezogen. Für ein möglichst kurzfristiges Comeback taugt die Kronzeugenregelung sicher nicht, das gilt nach wie vor. Aber mit sich im Reinen zu sein, das ist noch mehr Wert. Und darin bestärken mich jetzt auch viele Leute, das freut mich. Da sind sicher keine Leute aus dem Radsport dabei. Aber irgendwann wird ja sogar mein Tellerrand über den Radsport hinausgehen. Insofern ist alles gut.



Bild Rolf Jost Henninger Turm 2008 Das Bild hing alleine im Wald, weil sich die Fans nicht trauten dabei zu stehen. Mir hat das Bild gut gefallen. Es drückt die Sehnsucht der Fans aus nach starkem Radsport mit starken deutschen Fahrern und ich bin ganz sicher dieser patrik Sinkewitz wird nie mehr etwas verbotenes einnehmen.


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